Foto: Ulla Evers

Visitation in Päse

26. September 2022

Schwung im ländlichen Raum

Kirche fest im Dorf - aber regionale Zusammenarbeit nötig

Vom 19. bis 25. September fand die Visitation in der ev.-luth. Kirchengemeinde Päse statt. Superintendentin Sylvia Pfannschmidt besuchte mit zwei Vertretern des Kirchenkreisvorstands kirchliche Gruppen und Veranstaltungen, erkundete die Umgebung und tauschte sich mit Aktiven über das Gemeindeleben aus.

Päse liegt etwa 20 km westlich von Gifhorn am Rande des Kirchenkreises. Bestehend aus der St. Mariengemeinde Päse und den beiden Kapellengemeinden Ahnsen und Seershausen, die Anfang 2023 zu einer Kirchengemeinde fusionieren werden, ein formaler Akt für die Einheit, die schon lange gelebt wird. Kleine Dörfer, idyllische Fachwerkhöfe und viel Landschaft prägen die Gegend. Päse gehört zu den flächenmäßig größten Gemeinden und hat dabei die niedrigste Mitgliederzahl (etwa 1750).

Pfannschmidt besuchte den Konfirmandenunterricht, den Posaunchor in Seershausen, hatte Gespräche mit dem Kirchenvorstand und Hauptamtlichen der Gemeinde. Am Freitagabend fand ein großes Treffen mit etwa 50 ehrenamtlich Engagierten im Maislabyrinth Höfen statt. Jung und Alt waren vertreten, es gab ein großes Grillbuffet und zwei Musiker aus der Gemeinde sorgten für eine ausgelassene Stimmung am lauen Sommerabend.

Doch es wurden auch ernste Themen diskutiert: Wie sieht in Zukunft kirchliches Leben in dieser Region aus?

Pastor Stefan Kühme geht Mitte 2028 in den Ruhestand. Ab diesem Zeitpunkt sind drei Pastor:innen für die gesamte Region Nordwest gemeinsam zuständig. Zur Region gehören neben Päse die Kirchengemeinden in Meinersen, Leiferde und Müden. „In unserer Gemeinde gibt es da schon die Angst, dass Päse hinten runterfällt,“ merkt Kirchenvorsteher Karl Heinz Wiedenroth an. Gleichzeitig sei man sich in Päse der Notwendigkeit bewusst, stärker in der Region zusammenzuarbeiten.

In der Region Nordwest wurde hierfür ein Zukunftsteam gegründet, in dem Vertreter jeder Gemeinde an Möglichkeiten der Ergänzung und Synergiefindung mitarbeiten. Der Kirchenvorstand in Päse hat hierfür schon mehrere Ideen: Der sogenannte „Kanzeltausch“ könnte wieder intensiviert werden. Hier halten bewusst Pastoren aus anderen Gemeinden den Gottesdienst ab. Derzeit ist dies nur an den Montagen nach den Hochfesten im Tausch mit Leiferde der Fall. Jörg Jetschmann, ebenfalls Vorstandsmitglied, erinnert sich an die „4x Ja-Woche“, die vor einigen Jahren noch bis zu 400 Besucher in das Kulturzentrum in Meinersen zog. In regionaler Zusammenarbeit wird eine Woche mit vier Programmabenden angeboten: Impulse, Konzerte, Miteinander.

Dem Vorstand wird klar, die Visitation zeige auch, wie wichtig es sei, neben der Region auch mit dem Kirchenkreis im Austausch zu bleiben, denn gerade auf letzterer Ebene tut sich die ein- oder andere Unterstützungsmöglichkeit auf.

Und in der Visitationswoche ist ein weiterer Bereich zum Vorschein gekommen, in dem der Bedarf der Zusammenarbeit in allen vier Gemeinden besteht: Die Chorarbeit sollte regional organisiert und angeboten werden. Teils fehlen Chorleiter, teils fehlen Sänger, in der Region aber ist alles vorhanden.

Auch in der Jugendarbeit gibt es viele Ideen und Möglichkeiten der engeren Zusammenarbeit. Doch sind hier auch starke Unterschiede, vor allem in der Profilierung vorhanden. Gleichzeitig besucht ein Großteil der Jugendlichen ohnehin diverse Angebote in der Region, abhängig von Gefallen, Zeit und Freundeskreis.

Trotzdem blicken viele Gemeindemitglieder noch unsicher und skeptisch in die Zukunft. Wie wird es werden mit den Personalkürzungen und wie wird die regionale Zusammenarbeit aussehen? Allen ist jedoch bewusst, dass das kirchliche Leben sich ändern wird und muss und die Veränderungsbereitschaft ist vorhanden: „Die Gespräche mit Frau Pfannschmidt geben nochmal Zuversicht,“ ist sich der Kirchenvorstand einig. Und nach dem Corona-Einschnitt tut sich neben den altbewährten Angeboten einiges Neues in der Gemeinde vor Ort: Jeden Monat „Am 8. um acht“ gibt es eine Veranstaltung mit Andacht und Austausch bei einer Tasse Tee, der von Ehrenamtlichen vorbereitet wird. So bekommt jeder Abend eine persönliche Note und Profilierung. Bei dem Format „Surprise“ bringt sich jeder, der möchte auf seine Art mit ein. Man kann etwas zu Essen oder zu trinken mitbringen, einen Liedvorschlag, einen Text, Fragen oder Gedanken. „Dies ist auch eine gute Übung für die nächsten Jahre, spirituelle Formate aus der Gemeinde heraus zu organisieren, ohne dass ein Hauptamtlicher eingebunden wird. Wichtig ist uns, dass wir nicht nur eine Gottesdienstgemeinde sein wollen, sondern unser Gemeindeleben offen und vielfältig ist,“ betont Jörg Jetschmann.

Und die Chancen dafür stehen gut. Viele Ehrenamtliche stellen viel auf die Beine, seien es Angebote für Kinder oder für ältere Generationen, sei es Besuchsdienst oder punktuelle, projektbezogene Hilfe, wie der Bau des neuen Zauns um das Kirchgelände. Auch Großaktionen wie die Open Air Konfirmation werden ehrenamtlich organisiert. Die Herausforderung, kirchliches Leben im ländlichen Raum zu sichern, wird nicht zuletzt durch die gute Einbindung und Vernetzung in das Dorfleben zu meistern sein. Viele Engagierte sind gleichzeitig in Schützenverein und Feuerwehr aktiv, Feste werden gemeinsam organisiert. Das Gemeindehaus wird unter anderem vom Verein „Dorfleben“ mitgenutzt. Kirche gehört zum Dorf und das Dorf zur Kirche. Man kennt sich, unterstützt sich und hält gemeinsam Gemeindeleben aufrecht.

Am Sonntag fand traditionell der große Abschlussgottesdienst der Visitationswoche in Päse statt, bei dem Pfannschmidt resumierte: „Hier packen alle mit an, hier wird gerne gefeiert, hier habe ich die Lebensfreude gemerkt. Hier müsst ihr euch keine Sorgen über die Zukunft machen, denn die Woche hat mir gezeigt, dass ihr in Päse Veränderungen kreativ gestalten könnt.“

 

Foto: Kirchenvorstand beim Grillabend: Konny Behrens, Jörg Jetschmann, Carmen Schirner, Andrea Sischka-Kühn, Karl Heinz Wiedenroth, Inneborg Jones, Diakonin Michaela Herrmann, Stefan Kühme (v.l.).