„Ihr Berge Israels, siehe, ich will mich wieder zu euch kehren und euch mein Angesicht zuwenden, dass ihr angebaut und besät werdet.“ Hes. 36,9
Liebe Leserinnen und Leser,
vor kurzen hörte ich in einem Radiobericht von einem ehemaligen Bewohner aus dem Kibbuz Beeri an der Grenze zum Gazastreifen. Er fährt jeden Morgen mit dem Bus eine Stunde von Tel Aviv in seine alte Heimat. Seine Felder müssen bestellt, die Avocado-Bäume gepflegt werden. Die Früchte gehen nach Europa. Eine wichtige Einkommensquelle für den Kibbuz.
Doch leben kann er dort nach dem Massaker der Hamas nicht. Sein Haus ist durch Feuer zerstört. Seine Frau und er haben nur wenig retten können. Ob er es je schaffen wird, dort wieder was aufzubauen, nach den grausamen Erlebnissen? Er bezweifelt es. Doch die Arbeit muss weitergehen.
Wer eine persönliche Krise oder auch so eine heillose Katastrophe erlebt, hat das Gefühl, dass Gott sich abgewendet hat. So haben auch die Israeliten vor langer Zeit empfunden. Das Land verwüstet, die Oberschicht angeführt ins Exil. Gottvertrauen in Krisenzeiten ist schon eine harte Nummer.
Der Prophet Ezechiel malt in der damaligen Krisenzeit einen Hoffnungsschimmer an den Horizont. Er kündet eine Wende an. Mit den oben genannten Worten:
Ihr Berge Israels, siehe, ich will mich wieder zu euch kehren und euch mein Angesicht zuwenden, dass ihr angebaut und besät werdet. Hes. 36,9
Die Berge Israels stehen für die Bewohner Israels. Gott wendet sich ihnen erneut zu. Berge sollen wieder bebaut, Felder bestellt werden. Nach Krise und Katastrophe ein Neuanfang.
Zum Anbauen und Säen braucht es Friedenszeiten.
Kriegerische Konflikte weltweit führen in unseren Tagen zu Hunger und Not. Felder können nicht bestellt werden. Menschen müssen fliehen und in Lagern ein kümmerliches Dasein fristen, während ihre ehemaligen Felder brach liegen.
Angesichts der Zustände in der Welt kann man schon das Vertrauen verlieren.
Gott, wo bist du in dem ganzen Durcheinander? Hast du dich abgewendet?
Gibt es einen Hoffnungsschimmer?
Mir gehen die Bilder der verschleppten Geisel nicht aus dem Sinn, die Bilder der Verletzten in Gaza. Die Bilder verschwimmen. Ich sehe das schmerzverzerrte Gesicht des Gekreuzigten. Vergib ihnen. So wendet sich Gott uns zu.
Neuanfang ist möglich, wenn wir uns einander zuwenden. Den Schmerz des anderen wahrnehmen. Im schmerzverzerrten Gesicht des Gegenübers, unseren Menschenbruder, Schwester, Gott selbst erkennen und aufeinander zugehen.
Ein Beispiel dafür sind der Palästinenser Bassam Aramin und der Israeli Rami Elhanan Sie haben beide eine Tochter verloren, die eine wurde bei einem Terroranschlag in Jerusalem getötet, die andere durch einen israelischen Soldaten erschossen. Die beiden Väter wollten nicht bei Hass und Rache stehen bleiben. Sie sind Mitglieder der Organisation «Parents Circle – Families Forum“, welcher israelische und palästinensische Menschen angehören, die im israelisch-palästinensischen Konflikt Angehörige verloren haben.
Sie hören nicht auf, auch heute nach diesem verheerenden Massaker für Frieden und Versöhnung einzutreten.
Sie erzählen von ihren Mädchen, von ihrem sinnlosen Tod. Sie wollen aufrütteln und zeigen: Israelis und Palästinenser können aufeinander zugehen, miteinander sprechen, sich befreunden. Von sich selber sagen die beiden Männer, sie seien Brüder.
Ein Hoffnungsschimmer gegen allen Augenschein.